Big Data wird unser Leben verändern. Kritiker bezeichnen diesen Trend schon
heute als Diktat der Algorithmen. Doch aufzuhalten wird dies nicht sein, zu sehr
liegt es in der Natur des Menschen, Wissen aufzusaugen und für sich zu nutzen, bspw. an der Börse.
Wir sammeln Daten. Schon immer. Wir gehen durch die Welt und sehen, hören, riechen, fühlen. Unglaubliche Datenmengen und Reize strömen auf uns ein. Unser Gehirn strukturiert diese, filtert, indem es Wichtiges von Unwichtigem trennt, und lässt ein Bild vor unserem geistigen Auge entstehen, das für uns das richtige sein soll. Mit diesem Bild sollen wir unseren Alltag bewältigen, Wege finden, Nahrung beschaffen und letztlich überleben. Stimmt dieses Bild nicht mit der Realität überein, weil entscheidende Informationen etwa aufgrund von Stress oder Unachtsamkeit ausgeblendet wurden, dann kann das rasch schlimme Folgen haben. Einmal unbesonnen über die Strasse gegangen …
Schon 1970 mit Rasterfahndung
Big Data funktioniert ähnlich. Es geht um gewaltige unstrukturierte Datenmengen. Das ist der Hauptunterschied zur traditionellen Datenverarbeitung. Lange Zeit wurden Daten in der Regel schön fein säuberlich eingegeben, Felder und Parameter definiert. Das hat dafür gesorgt, dass man das gespeicherte Wissen später wieder abrufen und verwenden konnte. Mitunter war es auch möglich, Daten zu verknüpfen und so Zusammenhänge herzustellen – die ersten Schritte in Richtung Big Data. So begann in Deutschland das Bundeskriminalamt in den 1970er-Jahren bei der Suche nach den Entführern (RAF) von Hans-Martin Schleyer mit der sogenannten Rasterfahndung.Datenbanken wurden miteinander abgeglichen. In welchen leer stehenden Wohnungen wird plötzlich wieder Strom verbraucht? Welche Stromrechnungen wurden bar bezahlt? So kam man den Tätern auf die Spur – zu spät.
280000000000000000000000 Daten
In den heutigen Zeiten des Internets, des unbegrenzten Speicherplatzes und der stetig steigenden Rechnerleistungen setzt sich Big Data einfach auf den weltweiten Datenstrom und saugt diesen nach Bedarf ab. Experten gehen davon aus, dass 2012 weltweit eine Datenmenge von 2,8 Zettabyte durch Netze und Rechner floss. Das ist eine Zahl mit 22 Nullen. Die Kunst bei Big Data ist nun, dieser unstrukturierten Masse eine Ordnung zu geben und sie nutzbar zu machen. Dafür wird derzeit nur ein kleiner Teil des Informationswusts genutzt. Big Data nimmt sich hier noch recht klein aus. Das zeigt: Eine Technologie macht die ersten Schritte und längst sind die Algorithmen nicht ausgereift, aber auch heute schon leisten sie Erstaunliches.
Der frühere Google-Chef und jetzige Verwaltungsratspräsident Eric Schmidt sagte
schon vor ein paar Jahren, dass Google «alles» wissen könne. Und: «Das Internet verändert alles, es ist eine neue Situation.»
Blick in die Zukunft
Das Faszinierende und gleichzeitig Erschreckende an Big Data ist der Blick in die Zukunft. Wer sagt, er habe keine Angst, seine Daten im Internet zu veröffentlichen, der hat die Dimension von Big Data noch nicht begriffen. Es geht nicht darum, was geschehen ist, sondern darum, was gerade geschieht und was geschehen wird oder besser gesagt, geschehen könnte. Ganz so wie in der Short Story von Philip K. Dick «Der Minderheiten-Bericht» (Minority Report), wo die Polizeibehörden,instruiert von drei «Wesen», die in die Zukunft blicken, vorsorglich, bevor überhaupt ein Verbrechen begangen wurde, den vermeintlichen Delinquenten verhaften.
Bei den Geheimdienstprogrammen Prism und Tempora geht es um nichts anderes: Auch dort geht es um präventive Terrorismusbekämpfung: Welche Daten jedes Einzelnen passen da ins Muster? Wie werden die Daten von heute morgen genutzt? Handybewegungsdaten plus Einkaufsverhalten plus Surfgewohnheiten plus Kontakte auf Xing, Facebook, LinkedIn und Google+ plus Autobahnmaut plus Arztdaten …
Wenn Dir der Kassier sagt, dass Du Schwanger bist…
Unsere Bewegungsmuster sind sehr individuell und dadurch leicht zuordenbar.
Experten meinen, dass die Anonymität im Netz längst ein Mythos sei. Schon ein paar Bits würden reichen, jeden von uns zu identifizieren. Bereits heute gibt es Firmen, die beispielsweise auf der Basis des Einkaufsverhaltens von Frauen die Wahrscheinlichkeit, mit der diese schwanger sind, ermitteln. Trefferquote: hoch. Meist denken diese Frauen dann noch gar nicht an Kindermode oder Windeln. Es ist ihr Geruchssinn, der sie «auffällig» werden lässt. Gekauft werden dann duftneutrale Cremes – kombiniert mit ein paar anderen Artikeln – und schon kann auch ein möglicher Geburtstermin errechnet werden.
Oder plötzlich bekommt jemand keinen Kredit mehr oder keine Versicherung, weil er vielleicht die falschen Freunde bei Facebook hat. Wie sagt Schmidt: «Durch das Internet kann man mittlerweile hören und lesen, was die Menschen denken, und muss keine Vermutungen mehr darüber anstellen.»
Der Artikel stammt von Scoach Schweiz Magazin.
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